Then another thing, there is emphasis. The tune must have its own nuances. That is its own expressions of feeling. There is no point in running it all off just like a typewriter, a good typist typing. It must have a certain feeling about it. Seamus Ennis
Tempo ist kein Selbstzweck. Aber es ist für viele Anfänger ein recht wichtiges Ziel. Schnell genug werden, um auf einer Session spielen zu können. Hier geht es jetzt also vor allem um das Tempo! Ein Rat, den ich wieder und wieder bekommen habe:
Spiel langsam und schön. Das Tempo kommt dann von ganz alleine!
Ja! Aber…
Ja, denn wenn man etwas in langsam nicht schön kann, wird es durch Tempo nicht besser.
Aber: Von ganz alleine wird das auch nicht! Wer rennen will, lernt das nicht durch Gehen. Außerdem will man ja auch gar nicht, dass die Tunes von ganz alleine schneller werden…
Wenn man schneller werden will, muss man auch schneller üben. Zu Hause. Gezielt. Auf der Session packt man die Tunes dann sinnigerweise in einem Tempo aus, in dem man schön spielen kann. Lieber zu langsam als zu schnell. Da geht es um Zusammenspiel und es soll auch nett klingen. Speed kills. Niemand denkt: „Mit dem/der spiele ich gerne zusammen! Da stolpert man so schön unvorhersehbar durch den Tune und ist so herrlich schnell fertig!“
Ein Versuch aus der Sportwissenschaft: Zwei Gruppen Hockey-Kinder, zwei verschiedene Aufgaben. Eine Gruppe übt, den Puck mit Schmackes an die Wand zu donnern. Die Wucht des Aufpralls wird gemessen. Die andere Gruppe übt, einen bestimmten Punkt an der Wand zu treffen. Das üben die Gruppen, bis sie es richtig gut können. Dann sollen beide Gruppen einen bestimmten Punkt mit maximalem Wumms treffen. Beide Aufgaben kombiniert. Die Gruppe, die erst die Kraft / Geschwindigkeit trainiert hat, erreicht das kombinierte Ziel schneller.
Was jetzt nicht heißen soll, dass man den Rat auch umdrehen kann: „Ich mach erst mal schnell, schön wird es von alleine!“ Funktioniert nicht! Aber es macht Sinn, auch Tempo zu üben. Im Rahmen des Übens auch als Selbstzweck!
Auf Concertina muss man drücken und ziehen. Nicht immer abwechselnd, sondern je nach Ton. Einige Töne gibt es auf verschiedenen Knöpfen, teilweise auch in verschiedenen Richtungen. Andere gibt es nur einmal. Man kann also viele Stellen verschieden spielen. Alles eine Richtung, viele Wechsel, wenig Wechsel. Wechsel hier, Wechsel da.
Auf Fiddle hat man den Bogen und kann auf einen Strich mehrere Töne spielen oder nur einen. Rauf oder runter. Das gibt einen andern „Flow“. Der Bogen macht den Rhythmus und ein irischer Fiddler hat ein anderes Bogenmuster als ein Shetlandfiddler. So grundsätzlich. Und jeder Fiddler variiert in jedem Tune.
Auf beiden - Fiddle und Concertina - neigt der Anfänger zu zu viel Arbeit. Da wird die volle Bogenlänge mit großer, steifer Armbewegung rauf- und runter gespielt und der Balg wird aufgerissen und zusammengepresst. In langsam geht das. Da ist Zeit. Das ist aber nichts, was man genau so im Tempo steigern sollte! Dann bricht der Concertina-Spieler erschöpft zusammen, ohne überhaupt nennenswert schneller geworden zu sein und die Fiddle erinnert an eine (stumpfe) Säge. Was nicht heißt, dass gute Fiddler nicht mit viel Bogen spielen. Aber sie KÖNNEN halt mit entspannten kleinen Bewegungen aus dem Handgelenk spielen und wie der Bogen wann geführt wird, ist Absicht! Kontrolliert und entspannt.
Auf Concertina ist es hilfreich, die Balgbewegungen ohne Tune zu üben. Auf einzelnen Phrasen oder einfach nur auf einem Knopf. Wann springt das Reed an? Wie minimal kann ich die Bewegung machen? Auf Mandoline und Banjo kann man Picking auf leeren Saiten üben. Das Picking macht ja direkt den Rhythmus, den Groove. Genauso der Bogen bei der Fiddle.
Für alle Instrumente kann es hilfreich sein, mit Metronom zu spielen (als Kontrolle, ob man in sich im Tempo bleibt) und das nach und nach schneller zu stellen. Oder zwei vor, einen zurück. Der eine zurück ist schneller als das Ausgangstempo, aber nachdem man „zwei vor“ gespielt hat, ist es eine Erholung.
Man darf sich durch das Metronom aber nicht verleiten lassen, taktaktaktak zu spielen. Schön grooviig! Üblicherweise spielt man mit dem Metronom so, dass der Klack bei einem Reel auf der 1 und der 3 liegt, wenn man 1&2&3&4& zählt. Der Groove passiert dazwischen.
Einen Tipp möchte ich hier noch mal wiederholen, weil er so gut ist:
Kopfhörer auf und mitspielen!
Kopfhörer die Außengeräusche stark dämpfen und eine Aufnahme, die einen tollen Groove hat. Das hilft ungemein, diesen Groove (oder auch Lift, Lilt, Swing) „festzunageln“, auch auf Tempo. Man kann einfach nicht groß rumeiern und losrennen oder ganze Phrasen in einem anderen Tempo spielen. Außerdem hilft es sehr, entspannt zu spielen. Kinästhesie ist da (glaube ich) das Stichwort. Die „Fähigkeit, Bewegungen der Körperteile unbewusst zu kontrollieren und zu steuern“ steht bei Wikipedia. Man lernt bei dieser Kopfhörerübung, wie es sich anfühlt und anhört, so schön zu spielen. Die Bewegungen des Spielens und der Puls der Musik kommen zusammen und unnötig große Bewegungen kann man leichter abstellen.
Spiel mit besseren Musikern und lass dich tragen!
DAS ist natürlich super! Wenn man das Glück hat, mit guten Musikern spielen zu können und sich an deren Groove dranhängen zu können. In einem Tempo, in dem man alleine straucheln würde. Das ist, als ob einen jemand an die Hand nimmt. Manche Musiker können das richtig gut! Die sind nicht nur bei sich und lassen sich von der Hektik anderer oder dem Rumgeeier eines aufgeregten Anfängers nicht anstecken, sondern sie führen. Einzeln oder als Gruppe.
Christy Barry sagte mal über Joe Cooley (in der Doku, die ich in einem vorigen Artikel verlinkt habe): If I were to paint a picture of Joe Cooley… I always say I'd paint a horse and buggy and Joe was sitting up, holding the rains with a kind of a nice, comfortable, firm grip and he's sitting back, relaxing and his music always reminds me of that…
Wenn man das Glück hat, mit so jemandem auf dieser metaphorischen Kutsche zu sitzen, dann ist das natürlich grandios!
Die meisten von uns spielen aber die meiste Zeit mit Leuten auf einem ähnlichen Niveau, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Was den Spaß nicht mindert - man entwickelt sich gemeinsam weiter, spielt auf Augenhöhe und entdeckt zusammen „neue“ Tunes, die für andere olle Kamellen sind! Wenn aber einer stolpert, stolpert der nächste auch und dann trifft man sich „vorne“. Jagt sich ungewollt gegenseitig zum Ende des Tunes.
Gerade deshalb finde ich es wichtig, zu Hause AUCH Tempo zu üben. Nicht um seiner selbst willen, sondern um auch nahe an der eigenen derzeitigen Grenze noch Kontrolle zu haben und den Puls zu fühlen / zu hören. Damit man sich nicht so leicht ungewollt treiben lässt (oder selber treibt) und damit man ein Gefühl dafür hat, welches Tempo man wirklich noch schön spielen kann.
Spiel schneller, um dann langsam zielgerichtet üben zu können!
Das ist ein anderer Blickwinkel auf: „Spiel langsam, um schnell zu spielen!“ Also nicht einfach ewig langsam spielen und warten, dass es schneller wird. Sondern langsam, bis das entspannt und schön funktioniert und dann das Tempo anziehen. Und DANN gucken, wo es hakt. Wird der Ton unschön? Das ist vor allem - aber nicht nur - bei Fiddle ein Thema.
„Eiert“ man? Pfuscht sich durch eine Phrase ohne alle Töne zu spielen, die man eigentlich spielen will? Stolpert man bis zum nächsten Beat und wartet dann da? Man kann wunderbar passend zum Metronom spielen, aber zwischen den Klacks Blödsinn machen. Das ist KEIN Swing, wenn man von Beat zu Beat stolpert!
Sinnvoll und zielgerichtet üben ist DIE große Herausforderung des Autodidakten. Wenn man also EINEN Punkt identifizieren kann, der noch nicht gut ist, dann hat man etwas, an dem man zielgerichtet üben kann. Super Sache! Auf Whistle wird gerne mal der Wechsel von B zu c oder B zu d unsauber. Auf vielen Instrumenten werden Verzierungen von knackigen Cuts, Taps und Rolls zu unkoordiniertem Fingerwackeln. Sowas kann man sich rausgreifen und gezielt üben.
Verliert man beispielsweise ganz generell den Groove, hilft neben dem Tipp mit Kopfhörern auch der, mit sich selber mitzusingen. bzw. zu Lilten. Jamde-didely-Dei-de-Dum. Das hilft auch, um die Stellen im Tune zu finden, die man nicht so gut in den Fingern hat, wie man vielleicht dachte! Man merkt so auch recht schnell, wenn beispielsweise ein Roll rhythmisch nicht hinhaut oder man sich noch sehr darauf konzentrieren muss und verspannt. Da lohnt es sich, das ganz sauber und schön langsam zu üben.
Sich selber aufnehmen ist auch hilfreich. Es gibt Leute, die finden sich auf Aufnahmen einfach nur cool, aber die meisten finden sich einfach nur schrecklich. Der gnadenlose innere Kritiker will einem das Instrument sofort wegnehmen. Das ist Blödsinn. Man muss sein eigener wohlwollender Mentor sein. Dies und das kann ich schon, der nächste Übungsschritt könnte sein: …
Welches Tempo man mag, ist natürlich Geschmackssache. Vorne rechts ist Gas kann richtig Spaß machen. Aber auf 'nem Downhillrennen lernt man nicht Fahrradfahren. Was ich immer spannend finde, ist, Aufnahmen langsamer zu machen. Und dann zu staunen, wie exakt alles da ist, wo es sein soll…
Bonustipp, den ich ganz vergessen hatte: Lern die Tunes gleich in schnell!
Das habe ich im letzten Artikel geschrieben und bis gerade eben habe ich es nicht verstanden. Warum? Und WIE soll ich so schnell HÖREN können? Bei der letzten Frage gehe ich mal davon aus, dass man sich dazu Aufnahmen sucht, die in moderatem Tempo gespielt werden. Aber trotzdem… warum? Das erklärt Kevin Burke in diesem Video und es scheint mir Fiddle-spezifisch zu sein. Vielleicht macht es für Fiddler auch Sinn, sich die Töne eines Tunes erstmal getrennt rauszuhören. Auf Whistle oder mit gezupften Saiten oder sonstwie unabhängig vom Bogen…
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