If I were to paint a picture of Joe Cooley… I always say I'd paint a horse and buggy and Joe was sitting up, holding the rains with a kind of a nice, comfortable, firm grip and he's sitting back, relaxing and his music always reminds me of that… Christy Barry
Teil 2 einer Serie von Beiträgen zum Lernen von irischer Musik als Erwachsener und mehr oder weniger Autodidak. Es geht hier um Tipps, die ich bekommen habe und deren Bedeutung mir teilweise erst sehr viel später klar geworden ist. Das sind überwiegend Tipps, die sich nicht konkret mit einem Instrument und der Spieltechnik beschäftigen, sondern mit dem Ringsum. Das kommt oft zu kurz, weil man ja konkret DEN Roll oder DAS Triplet oder DEN Tune lernen will. Also schreib ich mal über die anderen Tipps
Entspann Dich!
Das ist deutlich leichter gesagt als getan! Wenn man gar nix bewegt, passiert keine Musik!
Unser Körper - gesteuert vom Reptilienteil unseres Gehirns - hat da so eine Feedbackschleife. Gefahr muss vermieden werden. Bei Stress bzw. Gefahr muss man reagieren. Zum Beispiel mit Flucht. Nicht erst drüber nachdenken! Das ist etwas ganz anderes, als aus Spaß an der Freude mal richtig Gas zu gegen!
Ein Beispiel für die Feedbackschleife, das nichts mit Musik zu tun hat: Wolle spinnen am Spinnrad. Die Hände zuppeln die Wollfasern zurecht, die Füße treten. Wenn die Hände jetzt nicht hinterherkommen, müsste man langsamer treten. Dann dreht sich das Rad langsamer und man hat mehr Zeit. Das ist irre schwer! Die Füße sind ja schon in einer konstanten Laufbewegung - wenn jetzt irgendwie Stress aufkommt, dann laufen die los! Fluchtreflex! Das Rad dreht sich schneller und man wird noch hektischer.
Bei Instrumenten ist es ähnlich. Gerade am Anfang, wenn wir halt doch mal gerne schneller als pieps… pieps… pieps… äh wie?…PIEPS… spielen wollen.
Ich wollte mal Uillean Pipes lernen. Ein Jahr lang bin ich dran geblieben… Bei Uilleann Pipes haben beide Arme nen Job. Der eine drückt dosiert Luft aus dem Sack, der andere pumpt nach. Der drückende Arm muss die Luft reinlassen, aber gleichzeitig den Druck aufrechterhalten. Das ist Arbeit! Und Koordination! Die Finger, die an den Armen dranhängen, sollen sich auch bewegen. Schnell und gezielt, aber entspannt! Das tun sie erstmal nicht! Stattdessen: Death grip! Aua!
Als mir dann auffiel, dass sich meine Hunde verstecken sobald ich die Pipes raushole, hab ich 's eingesehen: Krieg ich nicht hin! Die Hunde waren deutlich: „Oh jeh! Gleich wird sie aber sowas von unentspannt!“ Und es lag nicht an den Pipes! Sirko lagen die Hunde träumend zu Füßen, wenn er Pipes gespielt hat.
Den death grip kennen auch Flute und Whistle Spieler!
Bei Box und Concertina zerrt und drückt man am Balg, als würde man für Balgmeter bezahlt! Guckt man sich gute Musiker an, dann bewegt sich der Balg fast gar nicht.
Auch bei einigen Fiddlern könnte man meinen, die würden die Geige nur festhalten und die Musik käme von alleine raus!
Hier mal ein Beispiel: Die hocken doch alle da und wackeln a bisserl mit den Fingern! Alles chillig! Versucht man aber mitzuspielen, ist das nicht so langsam, wie es entspannt klingt!
Enstpannen. Ok. Aber wie geht das?
Wo wir hinwollen ist in den geistigen ‚Flow‘ und das Muskelgedächtnis machen lassen. Fangen wir also mit den Muskeln an, das ist im wahrsten Sinne greifbarer:
Wenn man für das Instrument Muskeln braucht, die man nicht hat, kann man gucken, ob man die einzeln traineren kann. Mit oder ohne Instrument. Bei Flute sind es die Lippen, die Arbeit haben. Man kann den Flute Ansatz auch ohne Flute zwischendurch üben. Wenn man rausgefunden hat, wie der geht.
Bei fast allen Instrumenten muss man die Finger feinsteuern können. Ich hatte in einem Workshop mal einen älteren Herren, der hat das in seinem ganzen Leben noch nie gebraucht! Der konnte keinen seiner Finger einzeln ansteuern. Die gute Nachricht ist, dass man auch das lernen kann. In jedem Alter. Das fängt manchmal damit an, dass man den Befehl denkt und sich vorstellt, der Finger würde reagieren. Was er noch nicht tut. Ist extrem frustrierend, aber ein erster Schritt.
Wenn man nicht ganz so weit am Anfang (bzw eigentlich noch vor dem Anfang) steht, kann man sich auch Übungen ausdenken. Wer viel am Computer schreiben muss, kann sich das 10-Finger System beibringen. Dann wird man für tägliches Fingertraining auch noch bezahlt! Was win-win ist, weil es effizienter ist.
Das sind aber nur Vorübungen und Nebenbeiübungen. Schwierig wird die Entspannung am Instrument, während man spielt.
Eine Voraussetzung ist, dass man das Instrument entspannt in Spielposition halten kann.
Hat man sich das am Anfang „falsch“ angewöhnt, fällt das vielleicht erst auf, wenn man schon richtig spielt. Also back to basics: Vor den Spiegel setzen, sich selber auf Video aufnehmen, andere angucken und deren Haltung mal ausprobieren. Es gibt viele wirklich gute Musiker, die ganz seltsame Angewohnheiten haben, aber damit stundenlang tolle Musik machen: Angelina Carberry, Banjo und Garry Shannon, Flute: Deren Haltung sieht jetzt wirklich nicht entspannt aus! Aber für die passt es. Wirklich „falsch“ ist also nix, aber man muss sich das Spielen ja nicht unnötig schwer machen mit einer Haltung, die NICHT zu einem passt.
Lächle und sei froh
Wenn man am Telefon lächelt, hört der andere das.
Wenn man beim Spielen entspannt mitgrooved, hört man das! Das ist auch Teil der Feedbackschleife des Reptiliengehirns! Wenn der Körper entspannt lächelt und hin- und herschwingt, dann ist wohl alles in Butter! Selbsterfüllende Prophezeiung!
Tatsächlich Lächeln sieht man bei Trad-Musikern übrigens selten! Die gucken fast alle fast immer bierernst, abwesend und in sich gekehrt. Dumme Grimassen sieht man auch oft. Ich bin sicher, dass Sharon Shannon - die Ausnahmemusikerin die immer lächelt - sich das hart antrainiert hat. Vielleicht hat sie auch mal vor'm Spiegel gespielt ganz am Anfang und fand es furchtbar, dass sie während des Tunes kaut und doof aussieht. Das machen viele. Box Spieler und Piper vor allem. Sich ein Alternativverhalten anzutrainieren ist einfacher, als ein Verhalten ersatzlos abzustellen. Also hat sie sich dieses Lächeln antrainiert! So meine Vermutung.
Übrigens: Wenn man auf Flute diesen Atempuls mit dem Zwerchfell übt - schnell und kräftig FUH, FUH, FUH… dann kann es auch so eine Feedbackschleife geben. Da sagt der Körper (oder das Hirn oder wer auch immer): „Das kenne ich! Das ist LACHEN!“ und schon hat man einen Lachflash vom Feinsten!
Im letzten Beitrag habe ich ein Video von Enda Scahill verlinkt, das auch auf die Entspannung eingeht. Auch auf das Mitgrooven mit sich selber. In einem anderen Video zu Spielen mit Swing liltet er den Tune, während er ihn spielt. „Wie ein alter Mann in Connemara“. Auch kein doofer Tipp. Man hat den Swing nämlich oft, kann ihn aber auf dem Instrument noch nicht rauslassen!
Und von wegen rauslassen:
Zwing die Musik nicht raus, lass sie raus fließen!
Das ist ein gutes Bild! Visualisierungen helfen! So super wie ich diesen Tipp finde: Anwenden konnte ich ihn erst, als die Musik da schon von ganz alleine rauskam. Hat sich so ergeben und ich glaube es hat damit zu tun, dass ich oft mit vielen sehr guten Musikern zusammen gespielt habe.
Jetzt mit Concertina weiß ich zwar, dass es geht und dass es sich dann supertoll anfühlt, aber… ich hock da, mit der Concertina, bin voll chillig und ommm und will sie fließen lassen aber… sie kommt nicht raus die blöde Sau!
Auf Flute kam das auch nicht direkt nach der Zeit, in der mir vom vielen Pusten schwindelig wurde. Vergesse ich gerne mal und schieb es auf die Concertina. Ist halt mechanisch. Flute ist viel besser! Da atmet man den Tune und wenn es richtig gut ist, tanzen kleine Luftsäulen unter den Fingern. Ganz selten habe ich mittlerweile auch auf Concertina so Momente… da quetsche ich den Tune nicht raus sondern habe so einen leichten Griff, dass ich die Vibration des Reeds unter dem Finger spüre. Dabei hilft:
Don't wake the Baby!
So leise wie möglich spielen! Gerade bei Concertina und Box braucht es nicht viel, um das Reed erklingen zu lassen. Und einige von den „Balgmetern“, die man da macht, sind total überflüssig! Wird gar nicht lauter und man hat einen unnötig langen Rückweg, wenn man zwischen Ziehen und Drücken wechselt.
Auf Flute und Whistle ist es eine gute Übung, die untere Oktave so laut wie möglich zu spielen, ohne in die obere zu springen und die obere so leise wie möglich.
Lass andere die Arbeit machen!
Super Tipp, kommt man gar nicht so leicht drauf, aber hilft ungemein, die Musik nicht aus dem Instrument zu zwingen und DER Tipp, um einen guten Groove zu entwickeln. Kopfhörer auf! Und zwar solche, die Außengeräusche sehr stark dämpfen. Und dann eine Aufnahme anmachen von jemandem, der mit einem super Swing, Groove, Lilt spielt. Die Aufnahme ruhig langsamer machen, als man spielen könnte und dann mitspielen. Einen Tune, den man kann. Jetzt hört man sich selber kaum und kann ganz entspannt mit minimalen Bewegungen, lächelnd und mitschaukelnd spielen. Wenn auf der Aufnahme das eigene Instrument ist, kann man sich gut einbilden, man würde das selber ganz genauso groovy machen. Man verankert damit zwei Sachen: So hört es sich an, wenn swingig und gut gespielt wird! Und: So fühlt es sich an! Wenn man dann alleine spielt, setzt manchmal eine Autokorrektur ein. Am Bewusstsein vorbei! "Moooment! Die letzten hundert Male war das aber anders! SO muss das!" Sehr cool!
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